Liechtenstein und der IWF – Eine ordnungspolitische Einordnung

Die Studie präsentiere zunächst Theorien und Ziele der Aussenpolitik, wie sie im Prinzip für alle Länder gelten sollten oder gar müssen. Jede Aussenpolitik ist auch Interessenpolitik. Zu ihren vorrangigen Zielen zählt die Souveränität und Prosperität des Landes. Eine Option der Souveränitätspolitik, die auch für Liechtenstein von Bedeutung war (und indirekt noch heute ist), ist die Neutralität – auch dies ein komplexeres Phänomen, das näher erläutert wird.

Danach werden die die besonderen Aspekte der Aussenpolitik von Kleinstaaten diskutiert. Begrenzte Kapazitäten (Budget, Personal, Expertise) zwingen zu Priorisierung, «outsourcing», «multi-taking» oder «institutioneller Intelligenz». Auch wählen Kleinstaaten oft militärische oder wirtschaftliche Bündnisse oder Teilanschlüsse. Meist gelingt die Sicherung von Souveränität des Kleinstaats am besten in einer Kombination von starken bilateralen Beziehungen zu Nachbarn und der Einbindung in multilaterale Verträge und Organisationen. Dass in Kleinstaaten tatsächlich sehr oft die Aussenpolitik die Innenpolitik dominiert, kann hier auch gezeigt werden (auch wenn das Beispiel der Schweiz als möglicher Sonderfall präsentiert wird).

Die folgenden Teile der Studie behandeln dann die konkrete Aussenpolitik im Fürstentum Liechtenstein. Teil 4 beschreibt die bisherigen Meilensteine der aussenpolitischen Absicherung und Ausweitung von Souveränität und Prosperität des Landes. Teil 5 analysiert die aktuelle Aussenpolitik anhand der eingesetzten Ressourcen, der Schwerpunkte, Ziele und Prioritäten sowie der handelnden bzw. Einfluss nehmenden Akteure. Teil 6 präsentiert die aktuellen Herausforderungen und mögliche Szenarien, die sich aus den derzeitigen Entwicklungen des aussenpolitischen Umfelds für Liechtenstein ergeben (könnten) – im bilateralen (vor allem mit der Schweiz), im europäischen (EU und EWR) und im globalen Zusammenhang (Welthandel, Völkerrecht). Teil 7 bietet ein knappes Fazit.

Dieses lautet: Was die Geschichte der letzten einhundert Jahre Aussenpolitik in Liechtenstein betrifft, kommt diese Studie zu einem sehr ähnlichen Ergebnis wie die historische Arbeit von Merki (2020: 3): «Die entscheidenden Weichenstellungen der liechtensteinischen Aussenpolitik waren klug gewählt, und sie erfolgten alle rechtzeitig, das heisst in zeitiger Reaktion auf die veränderten Gegebenheiten: 1924 mit der Anlehnung an die Schweiz, 1950 mit dem schrittweisen Ausbau der multilateralen Beziehungen und 1995 mit der verstärkten Ausrichtung auf die EU». Neben kluger Wahl kam indes oft auch ein weiterer Faktor hinzu: Glück. Man kann vielleicht besser noch von «Fortune» reden, das nicht nur mit Glück, sondern auch mit Zufall, Schicksal, oder Vermögen übersetzt werden kann. In Frankreich spricht man vom Glück der Mutigen: «La fortune sourit aux audacieux»; in Deutschland redet man eher vom «Glück des Tüchtigen».

Mut und Tüchtigkeit benötigt jedes Land zu seinem Glück bei der Bewältigung immer komplexerer Herausforderungen. Was die aktuellen Herausforderungen und möglichen Szenarien der Aussenpolitik für Liechtenstein angeht, sollte diese Studie nicht nur viel Material, sondern hoffentlich einige brauchbare Gedanken angehäuft haben, die letztlich nur das bestätigen, was Prinz Nikolaus (1993: 316): schon vor gut 30 Jahren äusserte: «Unsere Aufgabe … muss … sein, uns auf verschiedene Varianten vorzubereiten, unmögliche auszuschliessen und wenn wir dann jeweils relevante Änderungen in unserem politischen und wirtschaftlichen Umfeld feststellen können, rasch und flexibel darauf zu reagieren, in Zusammenarbeit mit unseren Partnern, vorab mit der Schweiz».

Liechtenstein und der IWF – Eine ordnungspolitische Einordnung

Die Studie untersucht zunächst den IWF als Institution und Akteur in Krisensituationen. Dabei werden aus ordnungspolitischer Sicht auch kritische Aspekte angesprochen. Ausführlich geht es dann um eine Mitgliedschaft Liechtensteins im IWF. Gezeigt wird, dass die grundsätzlichen ordnungspolitischen Einwände gegen die Institution IWF nahezu nichts mit der Frage nach dem wohlverstandenen Selbstinteresse des Landes an einer Mitgliedschaft zu tun haben. Der Hauptvorteil Liechtensteins wäre die Absicherung im Falle einer schweren (Banken-) Krise oder (Natur-) Katastrophe. Andere Vorteile wie die Möglichkeit der globalen Eigendarstellung des Landes und Standorts, der Zugang zu einem diplomatischen Parkett für bilaterale Kontakte oder die Verbesserung der Datenlage und ökonomischer Expertise kommen hinzu.